Die Geschichte der deutschen Maut ist eine Geschichte der Korruption. In dem Buch „Der gekaufte Staat“ haben die beiden Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto belegt, dass schon während des Vergabeverfahrens Vertreter von Toll Collect direkt ins Verkehrsministerium eingeschleust wurden und mitzureden hatten.
Sogar Namen sind seit Jahren bekannt, zum Beispiel war der damalige „Leiter Konzernstrategie Verkehr“ Dr. Ing Heinz Osterloh von Daimler Chrysler (so hieß der Konzern damals noch) „so eine Art Hospitant“ im Bundesverkehrsministerium mit eigenem Schreibtisch und Zugang zu vertraulichen Informationen.
Mitbewerber wie die Fela, die bereits in der Schweiz ein Mautsystem aufgebaut hatte, wurden mit dem fadenscheinigen Vorwand „mangelnde Finanzierungsfähigkeit“ rausgeboxt. Das geschah zu Zeiten von Rot-Grün und wurde damals schon entlarvt und öffentlich gemacht. Doch die Kumpanen von Schwarz-Gelb und Schwarz-Rot haben diese Arbeit in den Folgejahren bis heute fortgeführt.
Die Verträge zwischen dem Staat und dem Betreiberkonsortium waren damals so günstig für die drei beteiligten Großunternehmen, dass alle komplizenhaft strenge Geheimhaltung über den Deal vereinbarten. Das ist nicht weiter verwunderlich angesichts der Tatsache, dass sie von Toll Collect Vertretern selbst geschrieben werden durften. Der Zuschlag war vergleichbar mit der Lizenz zum Geld drucken und das Wahlvolk hätte für diese Umverteilung kein Verständnis gehabt. Es musste erst Wiki Leaks kommen, um 2009 mit der Veröffentlichung der 17.000 Seiten Vertragstext dem Anspruch der Öffentlichkeit auf Auskunft gerecht zu werden.
Demnach behielt Toll Collect anfangs fast 20 Prozent der durch die Maut erwirtschafteten Gelder ein – angeblich nur, um die eigenen Kosten zu decken. Auch heute noch liegt der Beuteanteil der Betreiber bei über zehn Prozent des gesamten Umsatzes. Nichts genaues weiß man nicht, aber es ist eigentlich nur die Frage, ob die Milliardengrenze bereits überschritten wurde oder der Betrag noch knapp drunter liegt.
Doch damit nicht genug. Weil Toll Collect 16 Monate später an den Start ging steht dem Bund (also uns allen) Geld für den Ausfall für diese Zeit nebst Zins und Zinseszins zu. Diese Summe ist mittlerweile auf knapp 9 Milliarden angewachsen, aber Toll Collect hat 13 Jahre einfach nicht gezahlt mit vielen dummdreisten Ausreden. Vor einigen Jahren sagten sie zum Beispiel, sie hätten das Geld nicht, denn sie hätten keine Rückstellungen dafür gebildet. Das versuche mal ein kleiner Fernfahrer oder Spediteur: Sag dem Finanzamt einfach, es soll Dir Deine Steuer für die letzten Jahre erlassen, weil Du das Geld bereits verballert hast.
Jetzt hat Toll Collect huldvoll einer Vereinbarung zugestimmt, gemäß derer sie nur gut ein Drittel ihrer Schulden (3,2 Milliarden) zurückzahlen müssen, die restlichen 5800000000 Euro bekommen sie geschenkt. Minister Scheuer feiert den „Deal“ laut Süddeutscher Zeitung als „historischen Durchbruch“. Und das stimmt natürlich auch, denn solch eine dicke Summe hat der Bund bisher selten direkt an solche Sozialschmarotzer verschenkt.
Fazit: Die Art und Weise, wie die Betreiber von Toll Collect (Mercedes, Telekom und Cofiroute) die Politiker von SPDCSUCDUFDPGRÜNEN seit so vielen Jahren an der Nase herumführen, ist mit Unfähigkeit oder Dummheit nicht mehr zu erklären, denn so dumm kann niemand sein. Wer hier dicke Schmiergelder vermutet, sei auf ein Zitat des genialen Kurt Tucholsky verwiesen: „Ich höre immer: Korruption. In Deutschland wird nicht bestochen. In Deutschland wird beeinflusst. Viel wichtiger als das, was in der Zeitung steht, ist das, was nicht in der Zeitung steht.“